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Reduziertes Design

Reduziertes Design und der Backlash der Bundesministerien auf 18/1

Mein Tipp für unterwegs, also um sozusagen im Vorbeifahren oder Warten etwas Gutes zum Thema Design (von Präsentationsfolien) zu lernen, sind 18/1-Plakate – d.h. die großen Plakate, die man an Hauswänden, S-Bahnstation und Bahnhöfen sieht.

Nun sind diese Plakate nicht immer “gut” entworfen. Aber wenn man eines als “schön” erachtet und binnen ein bis drei Sekunden erfasst, was es einem mitteilen will, dann hat das meistens den Grund, dass man gerade ein gut designtes Beispiel gesehen hat.

Anhand einer einfachen Kriterien-Liste (der CRAP-Liste) kann man seinen ersten Eindruck dann noch überprüfen. Diese Liste stammt aus Robin Williams’ (nicht Robbie!) Buch Design for non-Designers, das es auch auf Deutsch gibt.

CRAP steht für

  • Contrast – Kontrast
  • Repetition – Wiederholung
  • Alignment – Ausrichtung
  • Proximity – Nähe

Wenn diese Gestaltungs-Aspekte sinnvoll ein- bzw. umgesetzt sind, dann entsteht ein Ganzes, das im positiven Sinne erkennbar designt ist. Und wenn man konkret sagen kann, wodurch die gute Wirkung eines 18/1, das man gesehen hat, zustande kam, dann hat man daraus wieder etwas dazu gelernt für die Gestaltung eigener Folien in PowerPoint, Keynote oder anderen. Umgekehrt funktioniert es natürlich auch: Das Lernen aus negativen Beispielen.

Als solches eignet sich folgendes Plakat des Bundesministeriums für Gesundheit. Man hat sogar den Eindruck, das schlechte Design langweiliger PowerPoint-Textfolien (Stichwort: betreutes Lesen) werde hier bewusst auf das Plakatdesign der 18/1 übertragen.

Kampagne Pflegeversicherung & Pflege 2012
PPT goes 18/1

Die CRAP-Regel in der Praxis

Kontrast – nun gut: das Hauptthema “Pflege – darum kümmern wir uns” ist wenigstens erkennbar. Nicht jedoch, wer mit “wir” gemeint ist, denn das Logo des BM für Gesundheit verschwindet im Balken oben – der, wie er es auch auf einer PowerPoint-Folie wäre, visueller Ballast ist. Möchte das Plakat im Sinne des AIDA-Modells außerdem an uns als Handelnde appellieren? Dafür ist die Kontakt-Information unten wohl viel zu klein (Kontrast falsch eingesetzt).

Wiederholung – auch hier zunächst ein kleiner Lichtblick: zumindest steht da zweimal, was wichtig ist: Pflege. Ansonsten ist die einzig heraus stechende Wiederholung die der Aufzählungspunkte, die mich mit einem Blick an langweilige PowerPoint-Folien erinnert und mich unmittelbar abschalten lässt.

Ausrichtung – ja, die Aufzählungspunkte sind alle in einer Linie, die auch noch mit einem Element im Header kongruiert. Wenigstens das. Ich habe nämlich auch schon einmal zentrierte Zeilen mit Aufzählungspunkten gesehen ;)

Nähe:  Die zentrale Aussage, dass “wir” uns kümmern, ist schwer aufzulösen. Die relevante Info “Bundesministerium für Gesundheit” steht in deutlicher Distanz zu diesem “wir”, die Möglichkeit mit “uns” Kontakt aufzunehmen, ebenfalls. Was das indirekt bedeuten könnte, möchte ich hier gar nicht überinterpretieren.

Auch wenn es mich wirklich erschüttert hat, eine PowerPoint-Folie als 18/1 zu sehen, hoffe ich andererseits, dass das desinteressierte Vorbeigehen und Nichtlesen dieses Plakats unterbewusst dem ein oder anderen die Erkenntnis bringt, fortan seine Folien nicht mehr so zu gestalten.

Zum Abschluss noch eine Denksport-Aufgabe mit besonderer Herausforderung. Folgendes Plakat ist Teil der Alphabetisierungskampagne des Bundesministeriums für Bildung und Forschung.

Quelle: http://www.mein-schlüssel-zur-welt.de/_files/BMBF_Alphabetisierung_Plakate-Fussball.jpg

Hier sieht man “beispielhaft” ein Wiederholungs-Element (den Balken, in dem das betreffende Ministerium benannt ist). Als “reichweite” frage ich mich allerdings – jenseits guten oder schlechten Designs, wie die Botschaft dieses Plakats an Menschen gebracht werden soll, die noch nicht lesen können. D.h. wie viel Reichweite damit wirklich erreicht wird. Und wie man die AIDA- und die CRAP-Formel hier besser umsetzen könnte. Vielleicht habt Ihr ja eine Idee dazu.