Die Präsentation ist Dein Baby - copyright Caroline Kliemt

Die Präsentation ist Dein Baby

Ja, eine Präsentation ist Dein Baby. Du hegst und pflegst sie in Deinem Hirn, bis sie das Licht der Welt erblickt. Du stellst sie – beziehungsweise Dein Wissen – stolz der Öffentlichkeit vor. Dann kommt er erste Satz auf der Bühne, quasi die Geburtsanzeige. Haltet Euch fest. Ich bleibe im Bild (Baby, Geburtsanzeige). Mit diesen liebevollen Worten stellen unzählige Speaker Ihr Baby vor: »Ich hab hier mal kurz ’n bisschen was aus mir rausgepresst.« Denn unzählige Redner, die ich erlebe, fangen genau so ihre Präsentation an. Hiermit bitte ich Euch: Erzählt mir nicht, dass Ihr mir ’n bisschen was erzählt.

Wann Ihr »Ich erzähle Euch ’n bisschen was« sagen solltet

»Ich erzähle Euch heute ’n bisschen was zu …« – ist der beste Anfang für eine Präsentation, wenn Du wahnsinnig Lampenfieber hast und genau dieser Wortlaut und kein anderer Dir als Mantra hilft, Deine Redeangst abzubauen. Nach dem Motto: Ich erzähle hier ja nur ein bisschen was über das Thema, das ich ausgezeichnet kenne. Kein Grund zur Panik.

Bessere erste Sätze für ohnehin einzigartige Präsentationen

In allen anderen Fällen ist das der schlechteste Satz, mit dem man einen Vortrag oder einen Workshop anfangen kann. Denn:

  • Du laberst keineswegs belangloses Zeugs vor dich hin
  • Du lässt uns netterweise an Deinem Wissen teilhaben
  • Du hast das Wichtigste aus Deinen Erkenntnissen für uns ausgewählt

Danke dafür. Dann sag das doch auch so.

»’n bisschen was«: Belanglos? Unstrukturiert? Irgendwas?

»’n bisschen was« klingt – im Wortlaut – als ob ich anschließend absolut willkürliches und belangloses Gelabere hören würde. Dabei steht da vorne auf der Bühne eine Fachfrau oder ein Fachmann, der sich a) dem Fachgebiet seit langem, b) dem Thema des Vortrags auch nicht erst seit gestern und c) der Vorbereitung der Präsentation hoffentlich nicht erst heute Morgen gewidmet hat. Du machst Dein Wissen, Deine Erkenntnisse und die Wertschätzung für Dein Publikum klein. Im ersten Satz Deines Vortrags. Wenn Ihr das “bisschen ‘was” ernst meintet, gehörtet Ihr mit faulen Tomaten beworfen. Wenn Ihr eigentlich etwas anderes meint, dann sagt doch das, was Ihr eigentlich meint. Es sei denn, das Kleinmachen hilft Euch, ruhiger zu werden.

Sharing is caring – also verkauft das auch so

»’n bisschen was« – bedeutet vermutlich, Ihr wollt und könnt nicht alles sagen, was Ihr wisst. Denn Ihr wisst viel. Netterweise wollt Ihr andere Menschen an diesem Wissen teilhaben lassen. Unzählige gute TED Talks beginnen mit den Worten: »Today I want to share [my insights on] [....] with you...« – ich möchte Euch teilhaben lassen. Das klingt außerordentlich wertschätzend allen Beteiligten gegenüber. Euch selbst, Eurem Publikum, Eurem wichtigen Thema.

Ausgewählte Inhalte für ein erlesenes Publikum

»’n bisschen was« – heißt also, Ihr habt aus Eurem großen Wissen etwas ausgewählt. Weil Ihr der Überzeugung seid, diese Auswahl ist für die Zuhörer relevant. Es gibt deshalb viele, unzählige Varianten, Eure Vorbereitung auf diesen Vortrag und den Nutzen für die Zuhörer wertschätzender und präziser zu formulieren.

Wertschätzende Einstiegssätze für Deine Präsentation

Du bist eine Fachfrau oder ein Fachmann auf Deinem Gebiet. Du teilst Dein Wissen mit Deinem Publikum. Du hast Inhalte für die Zuhörer ausgewählt. Dann sag das mit folgenden Worten oder finde Deine eigene wertschätzende Art, es zu kommunizieren. Meine Vorschläge dazu:

Was Du sagst Wie das auf einen Zuhörer wirkt
»Die wichtigsten Erkenntnisse meiner Arbeit aus den letzten drei Jahren fasse ich in den folgenden 45 Minuten zusammen.« Wow, hier hat sich meine Anwesenheit/ die Teilnahmegebühr zur Konferenz nur für diesen einen Vortrag schon gelohnt.
»In den folgenden 30 Minuten stelle ich Euch 10 Tipps vor, die ich im letzten Jahr als besonders hilfreich fand.« Hier bekomme ich viel Praxisrelevanz trotz kurzer Redezeit.
»In der kommenden Stunde stelle ich Euch die drei erstaunlichsten Änderungen auf dem Gebiet xyz vor und wie das Eure Arbeit in naher Zukunft…« Yeah, das wird unterhaltsam.
»Ich habe Euch heute die neusten [wichtigsten, ärgerlichsten, lustigsten, ermutigende] Beispiele für xyz aus meiner Arbeit mitgebracht…« Klasse, da hat sich einer mal richtig Gedanken gemacht, was für uns wichtig

 

Ich hab Euch lieb und Ihr könnt das (noch) besser

Vermutlich fallen jetzt all jene über mich her, die alle Ihre Konferenztalks mit »Ich erzähle Euch heute ’n bisschen was« anfangen. Gefühlt tun das 90 Prozent der Redner, die ich im letzten Jahr gehört habe. Vielleicht zwingt sich mir dieser Eindruck nur auf, weil ich mich neuerdings nur noch auf Onlinemarketing-Events herumtreibe ;) Oder möchten uns diejenigen, die mit »Ich erzähle Euch heute ’n bisschen was zu …« anfangen, in Wirklichkeit nur die Angst nehmen, dass jetzt ein von oben herab gehaltener Bullshit-Bingo-Vortrag folgt und statt dessen nettes Geplauder unter Freunden startet? Möchten gar besonders große, stimmgewaltige und gehypte Redner bewusst von dem ihnen zugewiesenen hohen Ross herabsteigen und sich durch diese Worte zu uns – ihrem Publikum – gesellen? Mag alles sein.

Be a Superwoman

Kleine Frauen mit heller Stimme, die sich mit den besagten und von mir beklagten Worten klein machen, bereiten mir Kummer. Wenn die Präsentation Dein Baby ist, liebe Speakerin, dann schüttest Du hier das Kind mit dem Bade aus. Ich freue mich über jede Frau auf einer Bühne, insbesondere bei einer Marketingkonferenz und noch mehr bei einer Onlinemarketingkonferenz. Darum bitte ich die Damen der Schöpfung, sich nicht durch »’n bisschen erzählen« selbst die Butter vom Brot zu nehmen.

Hurra. Jetzt wird alles gut.

Comments

  1. Hi Caroline,

    danke für die Tipps. Ich kann mich an eine kurze Unterhaltung zwischen uns erinnern. Das ist jetzt mit Sicherheit mehr als 3 Jahre her. Nach wie vor bin ich in der Erstellung einer Präse nicht fit und stelle immer wieder fest, dass ich lieber frei eine Geschichte erzählen, als mit Slides an der Wand zu arbeiten. Hier muss ich wohl noch viel üben, die Slides als Begleitung und nicht als Ablenkung wahrzunehmen.

    Grüße
    Cos

    • Hi Cos,
      Mensch – wenn einer Geschichten erzählen kann, dann Du. Lass die Slides weg oder such Dir wirklich gute Bilder, die Du vielleicht als Kulisse für Dich und Deine Geschichte nimmst. Oder mach schalte auf Blackscreen und die Präsentation erst wieder ein, wenn Deine Geschichte auf irgendwelche wichtigen Zahlen zu sprechen kommt oder Du sie zuende erzählt hast. Es ist natürlich etwas anderes, Geschichten aufzuschreiben und Geschichten zu erzählen, aber auch da könnte ich Dir noch ein/zwei Tipps geben. Wie auch immer: Erstmal vielen Dank für Deinen Kommentar.
      LG, Caro

  2. Hallo Caroline,

    Danke für den schönen Artikel! Ich glaube, »Wertschätzung« ist eine der wichtigsten Voraussetzungen für eine erfolgreiche Präsentation. Und wenn man sich selbst und seine Arbeit wertschätzt, kann man auch enthusiastisch ins Publikum hineinwirken!

    Herzliche Grüße,
    Patrik

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